Japandi – das klingt doch auf Anhieb sympathisch, oder nicht? Diesen Wohntrend möchte man eigentlich schon mitmachen, bevor man gesehen hat, welch absoluten Augenschmaus die Fusion zweier altbewährter Einrichtungsstile hervorgebracht hat. Denn Japandi ist das Kind der Liebe von japanischem und skandinavischem Interieur.
Dass die beiden Liebenden zueinander gefunden haben, ist eigentlich gar nicht so überraschend (wenn man einmal von der nicht ganz unbedeutenden geografischen Distanz absieht, die zwischen ihnen liegt). Denn Scandi Chic und Japanisches Interior Design haben eine Menge gemeinsam: Unaufgeregte Farben, die Wertschätzung hochwertiger, natürlicher Materialien sowie Geradlinigkeit sind beiden zu eigen.
Wären die beiden tatsächlich Eltern und Japandi wirklich ein Kind, würde das sicherlich einen sehr entspannten Haushalt ergeben und Japandi zu der Art von Person heranwachsen, die mit sich und der Welt im Reinen ist. Denn mit der Paarung von skandinavischer Hyggeligkeit und der japanischen Philosophie Wabi-Sabi 侘寂 treffen zwei Haltungen aufeinander, die der Seele eigentlich nur gut tun können: Hygge, das ist eine Mischung aus Gemütlichkeit und guter Gesellschaft, aus sich geborgen fühlen und dem Zelebrieren des Schönen im Leben. Und Wabi-Sabi – ja, an Wabi-Sabi fehlt es uns Deutschen doch recht häufig. Es ist nämlich die Akzeptanz, oder vielmehr sogar Wertschätzung der Unvollkommenheit, Wabi-Sabi findet ästhetische Schönheit im Nicht-Perfekten.
Japandi-Einrichtung ist also reduktiv, übersichtlich und geradlinig, dabei aber einladend, gesellig, gemütlich. Balu der Bär als Zen-Meister, what’s not to like? Wer sich in einem gekonnt eingerichteten Japandi-Raum aufhält, der fühlt sich bald geerdet und ruhig. Aber wie nun eigentlich stylt man denn diesen Wohntrend richtig? Wir zeigen Dir, worauf es ankommt.
Does it spark joy? Marie-Kondō Dein Zuhause
Wir hatten sie in unserem Minimalismus-Artikel bereits angepriesen: die therapeutische Wirkung des Entrümpelns. Beginne Dein Japandi Makeover also mit einer guten alten Aufräumaktion. Keine Lust? Verpass Dir einen kleinen Schubs, denn es kehrt sofort mehr Ruhe im Kopf ein, wenn wir die Dinge loswerden, die wir nicht brauchen beziehungsweise wirklich wollen. In einem übersichtlichen, geordneten Zuhause zu leben und dort der Reizüberflutung des Alltags zu entkommen wirkt entschleunigend auf unsere geschundenen Seelen. Und wenn Du uns nicht glaubst, frag Aufräum-Koryphäe Marie Kondō – nicht ganz zufällig selbst Japanerin.
Und noch etwas kennen wir übrigens bereits vom Minimalismus:
Die Form folgt der Funktion
Die hat auch beim Japandi einen hohen Stellenwert und das Design der Möbelstücke lebt dabei von der Schönheit seiner (einfachen) Formen und der Hochwertigkeit der Materialien. Allerdings dürfen beim Japandi der Hyggeligkeit zuliebe durchaus auch Elemente hinzugefügt werden, die keinen rein praktischen Nutzen haben. Wie zum Beispiel Wohlfühllicht.
Das Spiel des Lichts
Du erinnerst Dich vielleicht noch, dass wir im Scandi Design vor allem warmes Licht und Kerzenschein wollen, um in bester Hygge-Manier durch die Wintermonate zu kommen. Im Japandi Wohntrend ist das nicht nur erlaubt, sondern auch erwünscht – solange Du mit einem Strahler über der Arbeitsfläche sicher stellst, dass Du beim Gemüse-Schnibbeln das Küchenmesser gut sehen kannst. In anderen Worten, es gibt im Japandi aufgabenorientierten Beleuchtungsbereiche, bei denen es um Funktion geht und solche, die durch Wärme und Weichheit eine angenehme Atmosphäre schaffen sollen. Das beste aus beiden Welten eben.
Materialien als Ode an Mutter Natur
Wer unseren Blog Post zum Nordic Chic gelesen hat, der weiß es bereits: Natürliche Materialien wie Holz, Baumwolle oder Leinen sind im skandinavischen Design ein Muss. Und Naturverbundenheit spielt auch in der traditionsbewussten japanischen Inneneinrichtung eine wichtige Rolle, so sehen wir hier Materialien wie Schiefer im Einsatz für Oberflächen, oder Reispapier für die wunderschönen Papierschirme, die wie kaum ein anderes Deko-Element Leichtigkeit vermitteln.
Nachhaltigkeit und Zeitlosigkeit
Als Freund*in von Photocircle ist Dir Nachhaltigkeit wahrscheinlich genauso wichtig wie uns; dann bist Du beim Japandi Einrichtungstrend genau an der richtigen Stelle.
Japandi-Dekor besteht wie bereits erwähnt vorwiegend aus natürlichen, nachhaltigen Materialien und sein Hang zum Minimalismus sorgt dafür, dass wir uns nicht zu viel Tand ins Haus holen.
Unvollkommenheiten willkommen heißen
Besonders spannend ist in dieser Hinsicht aber auch, was Wabi-Sabi zur Nachhaltigkeit des Wohntrends beiträgt: Einrichtungsgegenstände werden nach dieser Philosophie nämlich erst richtig interessant – und schön – wenn sie nicht (mehr) im allerneuesten, allerperfektesten Glanz erscheinen. So greifen wir also eher zur handgetöpferten Keramik vom Markt als zur Stangenware aus dem großen Kaufhaus. Und wenn der Esstisch ein, zwei Macken hat, trägt das allenfalls dazu bei, dass er an Charakter gewinnt, und führt nicht gleich dazu, dass er rausfliegt. Grundsympathisch, finden wir.
Handwerkskunst wird übrigens in beiden Kulturen hoch geschätzt; daher haben kunstvoll gearbeitete Vasen und mundgeblasene Glaswaren einen festen Platz im Japandi Design.
Kontraste setzen
In unserem How-To Scandi Chic haben wir gezeigt, dass dort grundsätzlich mit eher gedeckten, zarten Farben wie Grautönen, Pastelltönen und vor allem viel Weiß (für die dunklen Wintermonate) gearbeitet wird. Es darf, für Akzente, aber auch mal zu einem kräftigen Rot gegriffen werden. Im japanischen Interior Design dagegen sind vor allem Schwarz und Weiß dominant. Skandinavische Interieurs arbeiten vorwiegend mit hellen Hölzern, japanisches Dekor setzt auf dunkle Holzarten wie Ebenholz und Walnusshölzer.
Klingt erstmal nicht ganz so leicht zu kombinieren? Stimmt, dieser Aspekt erfordert etwas Fingerspitzengefühl. Ein (relativ) ausgewogenes Verhältnis und ein paar bewusst in Szene gesetzte Kontraste helfen, diesen Drahtseilakt mit Bravour zu bewältigen – das Endergebnis soll vor allem erdend und leicht wirken.
Einige weitere Beispiele gefällig? Hier zeigen wir Dir, wie Japandi aussehen soll und welche Wandbilder dazu passen. Farvel, sayōnara und bis zum nächsten Mal!
Katrin Strohmaier ist Sprachrohr von Photocircle mit Faible für Entwicklung, Interior Design und Menschenrechte. Von dort aus verbreitet sie die frohe Kunde, dass man mit dem Kauf von Kunst die Welt ein bisschen besser machen kann.