Mal ganz ehrlich – wann darf man denn schon mal einfach alles beim Einrichten und Dekorieren? Und wie sympathisch ist ein Wohnstil, der uns dazu anhält, Regeln zu brechen oder einfach unsere eigenen aufzustellen? Ein Wohnstil, der uns einlädt, frei von der Leber weg alles zusammen zu würfeln, was uns selbst gefällt? Der Boho-Look lebt nämlich davon, Perfektion abzulehnen. Nicht umsonst ist er ja schließlich das Erbe der Hippies. Und „das passt nicht“ – das passt dazu einfach nicht.
Inspiriert war der Wohnstil wie wir ihn heute kennen ursprünglich von Freigeistern, die sich für ein unkonventionelles Leben entschieden hatten und viel Zeit auf Reisen verbrachten. Erst so kamen nämlich die Muster und Gegenstände aus aller Welt ins heimische Wohnzimmer. Heute ist der Boho oder Hippie Chic ganz ausdrücklich ein Mix-and-Match-Look für alldiejenigen, die ihr Zuhause voller Farbe, Kultur und schöner Erinnerungen mögen.
Du kannst dabei Vollgas geben und wirklich alle erdenklichen Muster, Farben und Strukturen mixen; Du kannst aber auch subtiler arbeiten, indem Du Deinem Zuhause nur ein paar Boho-Akzente gibst und den Stil in eine minimalistischere Umgebung integrierst. Solltest Du aber maximalistisch nach der Devise „mehr ist mehr“ vorgehen, kannst Du natürlich auch immer wieder etwas wegnehmen, falls es sich dann doch einmal nach zu viel anfühlt.
Woher kommt der Boho Look?
Boho, Du hast es vielleicht bereits vermutet, das ist kurz für „Bohème“. Und die Bohème, das waren Menschen – meist Intellektuelle wie Künstler*innen, Musiker*innen oder Schriftsteller*innen – die sich über ihre Lebensweise gezielt vom als spießig empfundenen Bürgertum abgrenzen wollten. Was sie suchten war ein Leben voller Authentizität und Unabhängigkeit von sozialen Normen. Diese Freigeister suchten nach einem Lebensstil, der sich ursprünglicher und weniger entfremdet anfühlen würde. Und zwar nicht erst in den 1960ern und 70ern: Die Generation der Hippies war nämlich, wenn man so möchte, nach Beatniks, Hipstern und Co. einfach eine weitere im Stammbaum der Bohème. Sie entlehnte viele Teile ihres nunmehr berühmten Lebensstils dieser Bewegung des 19. Und frühen 20. Jahrhunderts. Selbstfindung und -verwirklichung, Auflehnung gegen das Establishment, Leben für Kreativität, Frohsinn und Kulturkritik – das alles war nicht neu als die Blumenkinder auf den Plan traten.
Für die Hippies allerdings war es bereits einfacher, möglichst viele fremde Länder und Kulturen zu erkunden, und das musste natürlich geschehen, ohne dabei in touristische Klischees abzurutschen. Es wurde versucht, der Lebensweise der jeweiligen Locals so authentisch wie möglich näher zu kommen und auf diese Weise kamen die Bohemians selbstverständlich auch mit Gegenständen des Alltags in Berührung, die sie schließlich als Reisemitbringsel mit nach Hause in die heimische Wohngemeinschaft brachten. So wurden dann Kelims aus Anatolien zusammen mit Perserteppichen auf dem Fischgrätboden ausgebreitet, an die Wand über dem französischen Bett kamen Traumfänger, das mitteleuropäische Fallobst wurde von nun an in Keramik aus Mexiko präsentiert und Räucherstäbchen aus Indien verbesserten die Luft im Loft.
Wenn wir heute vom Boho Chic oder Boho Look sprechen (egal ob in der Mode oder beim Interior Design) meinen wir einen Stil, der sich ab den 1990ern in Anlehnung an den Stil der Hippies (60er und 70er Jahre) entwickelt hat, welcher sich wiederum in Anlehnung an die „Ur-Bohème“ entwickelt hat. Got it?
Wie stylst Du den Boho Chic?
Regeln, das hatten wir ja bereits erwähnt, gibt es eigentlich keine – einige Punkte, die Du beachten kannst, um Deine Boho Wohnung besonders gekonnt in Szene zu setzen, wollen wir Dir aber natürlich nicht vorenthalten.
- Der Boho Chic ist entspannt, höchstindividuell, gemütlich und unperfekt. Das heißt erst einmal: Dein Boho-Zimmer lebt von Familienerbstücken, DIY und Reisesouvenirs. Zeig einfach all das her, was Du liebst und was Dich ausmacht – das gilt selbstverständlich auch für Wandbilder: Kombiniere zum Beispiel ein Zitat oder Motto, das etwas über Dich verrät mit einem Foto von einem geliebten Menschen und einer Illustration eines Ortes, der Dir am Herzen liegt.
- Ansonsten kannst Du mit natürlichen Materialien wie Holz, Gewebtem, Rattan oder Leinen, Fellen und Leder nichts falsch machen.
- Warme Erdtöne wie Braun-, Grün- und Grautöne als Grundfarben eigenen sich hervorragend, ergänzt und akzentuiert werden diese dann zum Beispiel mit Pink, Lila, Blau oder Orange.
- Das Licht sollte aus möglichst vielen unterschiedlichen Quellen, vor allem aber nicht einfach nur von der Decke kommen: Kerzen, Omas alte Stehlampe, Lichterketten – anything goes.
- Pflanzen! Und davon am besten viele. Denn Pflanzen verleihen einem Raum nicht nur Leben, sondern verbessern auch ganz nebenbei noch die Luftqualität. Kakteen sind übrigens besonders beliebt im Boho-Trend – und falls Du so gar keinen grünen Daumen hast, machen diese sich wiederum auch prima als Bildmotive.
- Dasselbe gilt natürlich auch für Blumen. Flowerpower Wandbilder können beim Hippie Chic ja kaum verkehrt sein, oder? Dazu ein buntes Bouquet in einer handgefertigten Vase und Du bist bestens versorgt.
Katrin Strohmaier ist Sprachrohr von Photocircle mit Faible für Entwicklung, Interior Design und Menschenrechte. Von dort aus verbreitet sie die frohe Kunde, dass man mit dem Kauf von Kunst die Welt ein bisschen besser machen kann.